3. Kapitel (12)

Leonor lächelte, doch es war nicht klar, worüber – über die Bemerkung ihres Bruders oder aus Zufriedenheit über ihre gelungene Frisur.
„In diesen Zeiten, mein kind“, fuhr der Elegante fort und lehnte sich auf einem Sofa zurück, „ist Silber die beste Empfehlung.“
„Oder die Schönheit“, erwiderte Leonor.
„Das heißt, dir gefällt Emilio Mendoza besser, weil er gut aussieht. Fi, ma belle.“
„Das habe ich nicht gesagt.“
„Nun, öffne mir dein Herz. Du weißt, daß ich dich anbete.“
„Das hätte keinen Sinn, ich liebe niemanden.“
„Du bist unmöglich. Reden wir also über etwas anderes. Weißt du, daß wir einen Gast haben?“
„Ja, einen jungen Mann aus Copiapó. Wie ist er?“
„Ein armer Schlucker“, sagte Agustín mit einer verächtlichen Handbewegung.
„Ich meine sein Aussehen.“
„Ich habe ihn noch nicht gesehen. Wahrscheinlich eine Landpomeranze, rotblond und sonnenverbrannt.“
In diesem Moment war Leonor mit ihrer Frisur fertig, und sie drehte sich zu ihrem Bruder um.
„Du bist charmante“, sagte Agustín. Er hatte auf seiner Europareise nicht sehr gut Französisch gelernt, doch er verwendete viele Gallizismen und einzelne Wörter, um alle glauben zu machen, er beherrsche die Sprache perfekt.
„Aber ich muß mich anziehen“, erwiderte Leonor.
„Also entläßt du mich. Gut, ich gehe. Un baiser ma chérie“, fügte er hinzu, ging auf das Mädchen hinzu und küßte sie auf die Stirn.

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